Der Berufszweig Hellseher im Mittelalter unter der Lupe

Vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit war das Hellsehen und Wahrsagen weit verbreitet. Obwohl die kirchlichen Behörden zuerst versuchten, das Hellsehen zurückzudrängen, fand die Wahrsagerei auch unter Theologen Verteidiger und an den Fürstenhöfen gewannen die Hellseher sogar so großen Einfluss, dass auch die Kirche sich später ihrer bediente.

Als Hellseher beschritt man den schmalen Pfad zwischen Ruhm und Tod

Wer im Mittelalter behauptete, die Zukunft vorhersagen zu können, wurde bewundert, gefürchtet und gejagt. Solange die Behauptungen eintrafen oder so formuliert waren, dass man ihren Wahrheitsgehalt nicht ganz abstreiten konnte, war ein Hellseher überall angesehen. In der Dorfwirtschaft konnte er ganze Tische für sich begeistern und auch an den Fürstenhöfen fand er Einlass und freie Kost und Logis.

Vor allem die männlichen Wahrsager fanden im Mittelalter schnell Anhänger, die sich gern von ihnen beraten ließen, während Frauen in der Rolle als Wahrsagerin eher belächelt wurden und sobald in Einfluss stieg, auch schnell als Hexe bezeichnet wurden. Viele Schlachten wurden geschlagen, weil Wahrsager einen Sieg prophezeiten und nicht selten musste der Hellseher fluchtartig den Hof verlassen, wenn sein Feldherr keinen Erfolg erringen konnte. In solchen Fällen drohte dem Propheten nämlich ein rascher Tod, denn lange Prozesse wurden im Mittelalter nicht geführt, wenn ein Wahrsager falsche Aussagen getätigt hatte. Schon damals gab es Hellseher, die wohlüberlegt Formulierungen nutzten, um möglichst viele Ereignisse „hineindeuteln“ zu können, denn so konnten sie sich auch im Grenzfall am Leben erhalten. Mit einer außergewöhnlichen Beobachtungsgabe und der Fähigkeit Ereignisse und deren Konsequenzen vorauszusehen ausgestattet, konnte man im Mittelalter ein angenehmes Leben führen. Die Dorfwirte, Fürsten und Kirchenoberhäupter boten freie Kost und Logis an, solange die Vorhersagen eintrafen und das Leben war verglichen mit der normalen Bevölkerung eine echte Alternative. Konnte ein wichtiges Ereignis allerdings nicht richtig gedeutet werden, drohte man schnell in Ungemach zu fallen und dann konnten nur besonders helle Köpfe ihr Haupt vor dem Schafott retten.