Wie funktionierten Handwerk und Handel im Mittelalter?

Im frühen Mittelalter gab es noch fast keine reinen Handwerker, denn die Bauern betrachteten das Handwerk als reinen Nebenerwerb. Erst als man vermehrt in die Städte zog, entwickelte sich auch das Handwerk zu einer eigenständigen Branche. Die Menschen in den Städten entwickelten neue Bedürfnisse und daraus ergaben sich verschiedene neue Berufsbilder. Das Bauhandwerk florierte, aber auch Schneider, Kunsthandwerker und Töpfer kamen zu immer mehr Ansehen in der Bevölkerung. Einen Handwerksberuf konnte aber nicht jeder ergreifen, denn nur Nachwuchs aus mittelständischen und wohlhabenden Familien durfte in eine Handwerkslehre gehen, wenn er ehelich geboren worden war.

Nach der Ausbildung gingen die Handwerker auf Wanderschaft und meist waren sie dazu sechs Jahre unterwegs. Diese Regelung hatte noch bis zur Industrialisierung im 19. Jahrhundert Bestand. Erst nachdem die Walz, wie die Wanderschaft auch genannt wurde, abgeschlossen war, konnte man eine Meisterprüfung ablegen. Da sie kostspielig und aufwendig war, verzichteten aber viele Gesellen auf diese Reifeprüfung. Frauen durften nur in der Textilbranche arbeiten. Man konnte sie in Webstuben oder Färbereien finden. Für sie suchte man auch immer wieder nach technischen Neuerungen, die ihnen die körperliche Arbeit erleichterten.

Durch das Handwerk entstanden Zünfte & Gilden

Die Handwerker des Mittelalters schlossen sich zu Zünften zusammen. In diesen Gruppierungen wurden die Preise für die Waren festgelegt, aber auch die Absatzmengen und die erlaubte Anzahl an Angestellten. Außerdem legte die Gilde fest, wie viele Betriebe der gleichen Art innerhalb einer Stadt erlaubt waren. So war es zwar fast nicht möglich, durch eigene Anstrengungen wirtschaftliches Wachstum zu erreichen, doch die Handwerker hatten in den Städten durch diese Regeln ein sicheres Einkommen.

Ackerbürger, Dienstleister und fahrende Händler

Die Ackerbürger hatten vor der Stadt ein kleines Feld, das ihnen die Grundnahrungsmittel für ihren Lebensunterhalt einbringen konnte. Diese Form des Lebens war im Mittelalter nicht unüblich und heute findet diese Idee wieder neue Anhänger, denn viele Städter suchen sich Beete und Felder auf dem Land, die sie bewirtschaften können. Im Gegensatz zu den klassischen Handwerkern waren die Dienstleister im Mittelalter nicht besonders hoch angesehen. Badehäuser, Geldverleiher, Fuhrunternehmer und Prostituierte stellte man auf eine Stufe. Trotzdem gab es sie in allen Städten und wer vom Land neu in die Stadt kam, konnte in diesen Branchen zumindest sein Auskommen sichern. Das fahrende Volk bestand ebenfalls aus Personen, die kein hohes Ansehen genossen. Der Unterschicht im Mittelalter drohte immer ein Verlust des festen Wohnsitzes und wer obdachlos war, musste beim fahrenden Volk einen Platz finden, der das Notwendigste im Leben sicherstellen konnte.